Link zur Seite versenden   Ansicht zum Drucken öffnen
 

Erfahrungsbericht zur Internationalen Biologie-Olympiade (27. 04. 2022)

 Statt in Kiel stattzufinden, musste die dritte Runde auch dieses Jahr online über Zoom und Moodle ablaufen. Im Vorfeld hatte ich deshalb ein großes Paket mit zahlreichen Materialien erhalten, welches ich jedoch erst nach Erlaubnis der Veranstalter öffnen durfte.

Die Veranstalter der nationalen Auswahlrunden für die IBO sind das Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik in Kiel sowie der Förderverein der Biologie Olympiade, welcher von ehemaligen Teilnehmern geführt wird.

Nach einigen organisatorischen Anmerkungen sonntags abends, bestand der Montag aus insgesamt fünf Crashkursen. In diesen wurden den Teilnehmern einige Grundfertigkeiten aus Bereichen der Biologie vermittelt, die eher selten in der Schule thematisiert werden (wie Biomathematik oder Bioinformatik).

Am Dienstag standen dann die ersten Klausuren der dritten Runde an. Insgesamt wurden vier praktische und zwei theoretische Klausuren absolviert. Die Klausuren waren allesamt als Excel- oder Word-Dokumente am PC auszufüllen. Über eine externe Kamera, die auf den eigenen Arbeitsplatz und einen selbst ausgerichtet war, kontrollierten die Veranstalter, ob sich alle Teilnehmer an die Regeln hielten. So traf ich mich am Dienstag um 8.00 Uhr mit Frau Rammner und bereitete mich im Biologieraum des SHGs auf die Zoologie- und Botanik-Klausur vor. Erstere bestand zur Hälfte aus der Bestimmung von zwei Insekten mittels eines dichotomen Bestimmungsschlüssels sowie einigen eher theoretischen Aufgaben zum kardiovaskulären System und Exkretionssystem der Metazoa. In der Botanikklausur galt es dann drei Moose (Bryophyten) zu bestimmen und die Moosproben auf ihre morphologischen Adaptationen an ihr entsprechendes Habitat zu untersuchen. Ein zweiter Teil beschäftigte sich mit sekundären Pflanzenstoffen sowie deren chemischen Eigenschaften. Nachdem dieser 2-stündige praktische Teil geschafft war, ging es nachmittags zurück an den Bildschirm. In der 1,5-stündigen Bioinformatik-Klausur musste man nun zunächst DNA-Sequenzen von Hand und anschließend mittels der Programmiersprache Python analysieren. Mit Python lassen sich große Datenmengen (wie ganze Genome) gut zum Beispiel auf ihre Länge oder bestimmte repetitive Sequenzen untersuchen. Auch wenn ich bislang keine wirklichen Bioinformatik-Kenntnisse erworben hatte (und mir die Bearbeitung dementsprechend schwerfiel), hat diese Klausur mir eine ganz andere Herangehensweise an die Biologie offenbart.

Am darauffolgenden Mittwoch hieß es erneut früh aufstehen, denn jetzt war die vierte praktische Klausur, nämlich die Stoffwechselphysiologie/ Biochemie Klausur, an der Reihe. Auch diese musste ich wieder im Biologieraum am SHG durchführen, wobei mir Herr Schade mit der benötigten Apparatur half. In der ebenfalls 1,5-stündigen Klausur drehte sich alles um Lipide. Zunächst wurden verschiedene Lipide auf ihre Löslichkeit hin untersucht, die von ihren polaren/unpolaren Gruppen abhängt. Dann sollte mittels Iodometrie (einer speziellen Form der Titration) die Zahl der Doppelbindungen in den Fettsäuren von Rapsöl und Kokosfett bestimmt werden. Zwar gelang es mir nicht, die passende Reaktionsgleichung aufzustellen, um genaue Werte ermitteln zu können, jedoch konnte ich das Offensichtliche beweisen: Rapsöl enthält mehr ungesättigte Fettsäuren als Kokosfett. Nach dieser sehr schweißtreibenden Laborarbeit stand am Nachmittag die erste theoretische Klausur an. Innerhalb von drei Stunden galt es ca. 90 Multiple-Choice Aufgaben aus 22 Themenfeldern zu bearbeiten. Die Aufgabenstellungen waren unglaublich vielfältig. Während man bei der einen Aufgabe noch die Ergebnisse einer Photometrie auswerten sollte, musste man in der nächsten Aufgabe die Gelelektrophorese eines Plasmids vorhersagen und wieder in einer anderen sich mit dem gastrointestinalen Trakt von Wiederkäuern auseinandersetzen. Ganz ähnlich war auch die zweite theoretische Klausur am Donnerstag aufgebaut, die allerdings nur 1,5 Stunden dauerte.

Nach meiner Schilderung der einzelnen Klausuren, kann man sich durchaus fragen, wo da der Spaß bleibt und warum man sich sowas überhaupt in seinen Ferien antut. Einerseits bereitet das Bearbeiten der Klausuren natürlich trotzdem viel Spaß, da sie absolut nicht mit den aus der Schule bekannten Klausuren vergleichbar sind. Nicht nur inhaltlich, sondern auch von ihrer Struktur (Multiple-Choice statt lange Antworttexte) sind die Klausuren eine neue, herausfordernde Erfahrung gewesen. Andererseits boten die Veranstalter auch ein sehr bereicherndes Rahmenprogramm. So wurde jeden Tag ein Abendvortrag von ehemaligen Teilnehmern gehalten, die heute selbst Arbeitsgruppen an namenhaften Instituten in Deutschland und Europa leiten. Sie betreiben beispielsweise Grundlagenforschung in der Regenerationsbiologie oder untersuchen das durch den Klimawandel veränderte Jagdverhalten von Seelöwen auf den Galapagos-Inseln. Durch einen digitalen Escaperoom und die Plattform Gathertown konnte man zudem Kontakt mit anderen Teilnehmern aufbauen.  

Am Freitag wurde es dann nochmal spannend, denn nun wurden die Ergebnisse verkündet. Von den 45 Teilnehmenden würden sich die 12 Besten für die vierte Auswahlrunde qualifizieren, aus der schließlich wiederum die 4 Besten das Nationalteam bei der IBO in Armenien bilden. Leider gehörte ich nicht zu den 12 Besten und schied somit aus dem Wettbewerb aus. Meine Schwächen bestanden primär in den chemischen und informatischen Aufgabenfeldern, was ich zum Anlass nehmen werde, hier noch nachzubessern. Natürlich war ich traurig über mein Ausscheiden, aber weniger über meine Platzierung, sondern eher, weil ich gerne noch mehr der Klausuren bearbeitet hätte. Nichtsdestotrotz bot die Siegerehrung auch eine erfreuliche Überraschung. Im Anschluss an die Verkündung der Platzierungen hat der IBO-Förderverein je einen Platz für ein Forschungspraktikum an sechs renommierten Instituten in Deutschland ausgelobt. Zu meiner persönlichen Freude wurde ich für ein Forschungspraktikum am Institut für Infektiologie in der Abteilung medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universitätsklinik Heidelberg ausgewählt. Heidelberg ist nicht nur mein Traumstudienort, sondern die Infektiologie auch eines meiner Lieblingsbereiche der Biologie. Die Arbeitsgruppe, der ich zugeordnet bin, erforscht bakterielle Knocheninfektionen. So werde ich im Sommer einen Monat lang im Labor mithelfen und hoffentlich einen Einblick in den Forscheralltag erhalten. Einen 75 Euro Büchergutschein, den jeder Teilnehmer der dritten Runde außerdem erhalten hat, habe ich sogleich in ein Lehrbuch für Mikrobiologie und Infektiologie umgewandelt.

Jedem, der Interesse an Biologie hat und eine Herausforderung außerhalb der Schule sucht, kann ich nur empfehlen an der IBO teilzunehmen, da es unglaublich bereichernd ist und eine echt schöne Erfahrung ist. Wer sich eher für Chemie oder Physik interessiert, der/die sollte an der Internationalen Physik Olympiade (IPhO) oder an der Internationalen Chemie Olympiade (IChO) teilnehmen, die ganz ähnlich aufgebaut sind.  

Julian Meister, Abiturient

 

Auch in diesem Jahr können interessierte Schülerinnen und Schüler (etwa ab 16 Jahren) wieder an der Internationalen Biologie-Olympiade teilnehmen. Infos gibt es hier: https://www.scienceolympiaden.de/ibo/ibo-internationale-biologie-olympiade/aktuelle-runde und bei euren Biologie-LehrerInnen. Eine Anmeldung / Teilnahme in der 1. Runde ist noch bis Ende September möglich.

Für SchülerInnen, die maximal 15 Jahre alt sind, startet eine neue Runde der Junior Science Olympiade im November.



[Alle Fotos zur Rubrik Kultur anzeigen]